Zum Jahreswechsel 2025 wurden die beihilferechtlichen Anforderungen für Unternehmen, die Steuerentlastungen nach dem Energie- und Stromsteuergesetz in Anspruch nehmen, überarbeitet. Die wichtigsten Änderungen betreffen das Formular 1139, das für die Selbsterklärung zu staatlichen Beihilfen verwendet wird, sowie die Prüfkriterien zur finanziellen Stabilität der Antragsteller.
Eine zentrale Neuerung betrifft die Lockerung der Nachweispflichten für Unternehmen mit geringen Entlastungsbeträgen. Während bislang alle Antragsteller die beihilferechtliche Selbsterklärung einreichen mussten, entfällt diese Pflicht ab 2025 für Unternehmen, deren jährliche Steuerentlastung unter 10.000 Euro pro Begünstigungstatbestand liegt. Diese Unternehmen müssen die Selbsterklärung nur noch auf Verlangen des Hauptzollamts vorlegen. Für Unternehmen mit höheren Steuerentlastungen bleibt die Einreichung der Selbsterklärung hingegen weiterhin verpflichtend.
Strengere Beihilferegeln für Unternehmen in Schwierigkeiten
Zusätzlich wurden die Prüfkriterien für Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten konkretisiert. Unternehmen müssen nun detailliertere Angaben zu ihrer finanziellen Lage machen und die beihilferechtlichen Voraussetzungen durch bilanzbezogene Kennzahlen nachweisen. Diese Angaben sind in der Selbsterklärung verbindlich anzugeben und müssen für den Zeitraum des Steuerentlastungsantrags dokumentiert werden. Ziel dieser Verschärfung ist es, zu verhindern, dass Unternehmen in finanzieller Schieflage unzulässige Beihilfen erhalten.
Die Definition eines „Unternehmens in Schwierigkeiten“ wurde weiter präzisiert, sodass Unternehmen, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, grundsätzlich keine Steuervergünstigungen mehr erhalten können.
Ein Unternehmen gilt als wirtschaftlich schwierig, wenn es beispielsweise:
- Gegenstand eines Insolvenzverfahrens ist oder die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt,
- bei Kapitalgesellschaften mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals aufgrund von Verlusten verloren gegangen ist,
- ein buchwertbasierter Verschuldungsgrad von über 7,5 sowie ein Zinsdeckungsverhältnis unter 1,0 in den vergangenen zwei Jahren aufweist.
Bisher bestand in bestimmten Fällen die Möglichkeit, Steuervergünstigungen trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu erhalten, wenn das Unternehmen nachweisen konnte, dass die Schwierigkeiten nur vorübergehend waren. Ab 2025 gilt eine verschärfte Regelung: Entscheidend ist nun ausschließlich der Zeitpunkt der Antragstellung. Ist ein Unternehmen zu diesem Zeitpunkt als „in Schwierigkeiten“ eingestuft, kann es keine Steuerbegünstigungen mehr erhalten.
Patronatserklärungen nicht mehr zulässiges Sicherungsmittel
Eine weitere maßgebliche Änderung betrifft den Wegfall der Möglichkeit, Patronatserklärungen als Nachweis wirtschaftlicher Stabilität zu nutzen. Bislang konnten wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen durch eine Patronatserklärung ihrer Muttergesellschaft belegen, dass eine finanzielle Absicherung gewährleistet ist. Die Europäische Kommission hat jedoch festgestellt, dass Patronatserklärungen keine direkte Kapitalaufstockung bewirken und daher nicht als ausreichender Nachweis für die wirtschaftliche Stabilität eines Unternehmens dienen. Daher werden Patronatserklärungen ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr als Sicherungsmittel akzeptiert. Unternehmen, die sich bisher auf dieses Mittel verlassen haben, müssen alternative Nachweise erbringen, um weiterhin beihilferechtliche Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können.
Eine Ausnahme besteht jedoch weiterhin für Unternehmen, die einem Ergebnisabführungsvertrag nach § 291 AktG mit Verlustübernahme nach § 302 AktG unterliegen. In diesem Fall kann die Verlustübernahme der Muttergesellschaft die finanzielle Situation des Unternehmens stabilisieren und somit die Beihilfefähigkeit aufrechterhalten. Dadurch kann bspw. ein aufgezehrtes Stammkapital „geheilt“ werden, sodass die Steuervergünstigungen trotz eines vorherigen wirtschaftlichen Abschwungs gewährt werden können. Unternehmen, die in einem solchen Abhängigkeitsverhältnis stehen, sollten daher rechtzeitig prüfen, ob ein bestehender Ergebnisabführungsvertrag als Nachweis für die wirtschaftliche Stabilität herangezogen werden kann.
Neue Meldepflichten nach der Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung (EnSTransV)
Parallel zur Anpassung der Selbsterklärung wurden auch die Meldepflichten nach der Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung (EnSTransV) verschärft. Die Schwellenwerte für die Anzeigepflicht wurden gesenkt, wodurch mehr Unternehmen meldepflichtig werden.
Ab 2025 müssen Unternehmen ihre Steuerbegünstigungen bereits ab einer Höhe von 100.000 Euro pro Kalenderjahr melden. Für Unternehmen, die in der landwirtschaftlichen Primärerzeugung, Fischerei oder Aquakultur tätig sind, liegt die Meldegrenze bei 10.000 Euro. Damit sind nun auch Unternehmen meldepflichtig, die zuvor unterhalb der bisherigen Schwellenwerte lagen.
Die Erstmeldung der Steuervergünstigungen für das Jahr 2024 muss spätestens bis zum 30. Juni 2025 an die Zollverwaltung übermittelt werden. Unternehmen müssen sicherstellen, dass alle im Jahr 2024 erhaltenen Steuervergünstigungen fristgerecht gemeldet werden.
Zudem ist die elektronische Übermittlung der Meldungen über das Zoll-Portal verpflichtend. Unternehmen müssen ihre Erklärungen über die Dienstleistung „Erfassung von Steuerbegünstigungen gemäß EnSTransV“ digital übermitteln. Eine papiergestützte Meldung ist nicht mehr möglich. Ziel dieser Umstellung ist eine effizientere und transparentere Erfassung der beihilferechtlich relevanten Steuervergünstigungen, wodurch sich jedoch auch neue Anforderungen an die betroffenen Unternehmen ergeben.
Unternehmen müssen sich auf neue Anforderungen vorbereiten
Die neuen beihilferechtlichen Regelungen erfordern eine frühzeitige Anpassung der internen Prozesse. Um Verzögerungen oder den Verlust von Steuervergünstigungen zu vermeiden, sollten Unternehmen sicherstellen, dass ihre bilanzbezogenen Kennzahlen korrekt dokumentiert sind, die Selbsterklärungen vollständig ausgefüllt werden und die Meldungen fristgerecht über das Zoll-Portal erfolgen. Eine enge Abstimmung mit der Steuer- und Finanzabteilung sowie eine frühzeitige Prüfung der wirtschaftlichen Lage sind essenziell, um die neuen beihilferechtlichen Anforderungen effizient umzusetzen. Die Verpflichtung zur fristgerechten und digitalen Meldung der Steuervergünstigungen über das Zoll-Portal erfordert zudem eine technische Umstellung und eine rechtzeitige Erfassung der relevanten Daten.