Keine Abziehbarkeit von Währungskursverlusten bei darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen bis VZ 2021 (§ 8b Abs. 3 Satz 4 und 7 KStG a.F.)

Der BFH hat mit Urteil vom 24.04.2024 entschieden, dass bei Währungskursverlusten aus Gesellschafterdarlehen und darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen im Drittstaatenfall das Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 4 und 7 KStG (in der bis einschließlich VZ 2021 geltenden Fassung, d.h. vor Inkrafttreten des neu eingefügten § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG durch das sog. KöMoG) zur Anwendung kommt.

Im Streitfall erfolgte der weltweite Vertrieb der Produkte und Dienstleistungen der Klägerin, einer AG, überwiegend durch konzerneigene Tochtergesellschaften. Den Vertrieb in Brasilien übernahm eine 100%ige Tochtergesellschaft, die X-Ltda, welche in Bezug auf die Rechtsform einer inländischen Kapitalgesellschaft (GmbH) vergleichbar ist. Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen rechnete die Klägerin gegenüber der X-Ltda in brasilianischer Landeswährung ab, ohne Währungskurssicherungsgeschäfte abzuschließen. Dabei gewährte sie der X-Ltda ein Zahlungsziel von 90 Tagen, welches allerdings vielfach überschritten wurde, denn die X-Ltda beglich ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in den Jahren 2013 bis 2016 regelmäßig erst sieben bis neun Monate nach der Rechnungstellung. Für Forderungen, bei denen das Zahlungsziel von 90 Tagen um mindestens 90 weitere Tage überschritten wurde, ergab sich im Streitjahr 2014 nach Saldierung mit Währungskursgewinnen ein Währungskursverlust.

Das Finanzamt rechnete diese Währungskursverluste unter Berufung auf § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG (in der bis einschließlich VZ 2021 geltenden Fassung) außerbilanziell hinzu. Auch das Finanzgericht sah die Voraussetzungen für eine außerbilanzielle Hinzurechnung als erfüllt an und wies die Klage als unbegründet ab.

In der Revision hat der BFH nun das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Das Finanzgericht habe die streitigen Währungskursverluste zu Recht nach § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG (in der bis einschließlich VZ 2021 geltenden Fassung) nicht einkommensmindernd berücksichtigt. Die Klägerin habe ihrer Tochtergesellschaft X-Ltda zwar kein Darlehen i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gewährt. Das Stehenlassen der streitigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen erfülle aber unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Streitfalls die Voraussetzungen eines darlehensähnlichen Verhältnisses im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG a.F. (heute § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG). Denn die (rechtliche oder faktische) Verlängerung der ursprünglichen Zahlungsziele habe bezweckt, der X-Ltda in einer wirtschaftlich angespannten Lage Liquidität zu überlassen und damit ihren Finanzbedarf zu sichern.

Die Frage, ob auf Währungskursverluste die Regelung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG anzuwenden ist, werde uneinheitlich beantwortet. Während ein Teil der Literatur und die Finanzverwaltung eine Einbeziehung der Wertminderungen durch Währungskursverluste befürworte, vertrete ein anderer Teil der Literatur die Auffassung, dass § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG in Bezug auf Währungskursverluste teleologisch reduziert werden müsse. Zur Begründung werde u.a. darauf hingewiesen, dass es ansonsten zu einer asymmetrischen Besteuerung von (steuerlich nicht zu berücksichtigenden) Währungskursverlusten einerseits und (steuerpflichtigen) Währungskursgewinnen andererseits kommen würde. Zudem lasse § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erkennen, dass die Veranlassung der Gewinnminderung durch das Gesellschaftsverhältnis für deren Nichtberücksichtigung maßgeblich sei. Deshalb müsse zwischen "beteiligungsspezifischen" und "marktbestimmten" Gewinnminderungen unterschieden werden. Währungskursverluste gehörten zu den marktbestimmten Gewinnminderungen, die nicht von der Zielsetzung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erfasst seien.

Nach Auffassung des erkennenden Senats lassen sich nach Maßgabe der Wortlautauslegung aus der allgemeinen Formulierung "Gewinnminderungen" der Vorschrift keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung in Bezug auf Gewinnminderungen durch Währungskursverluste entnehmen. Jedenfalls könne dem Wortlaut weder auf der Tatbestands- noch auf der Rechtsfolgenebene entnommen werden, dass nur solche Gewinnminderungen zu erfassen seien, bei denen korrespondierende Gewinnerhöhungen – wie beim Anteil nach § 8b Abs. 2 KStG – steuerfrei seien.

Auch die Auslegung nach dem Gesetzeszweck bestätige das Ergebnis der Wortlautauslegung. Mit der Einführung des § 8b Abs. 3 Satz 4 bis 7 KStG sollten Gestaltungen getroffen werden, bei denen ein Gesellschafter seine Gesellschaft gezielt mit (nicht fremdüblichen) Darlehen statt mit Eigenkapital finanziere, um das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG zu umgehen und etwaige Substanzverluste steuerwirksam geltend machen zu können. Die mit einer Fakturierung in Fremdwährung verbundenen Währungskursrisiken, die aus Sicht des Forderungsinhabers – im Vergleich zu einer Fakturierung in Euro – zu den Bonitätsrisiken und sonstigen Risiken hinzutreten, stellten keinen rein "exogenen Faktor" dar, der außerhalb des Zwecks des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG liege. Entscheidend sei, dass der Gesellschafter – im Vergleich zu Eigenkapitalfinanzierungen – durch die Wahl eines Fremdwährungs- statt eines Euro-Darlehens nicht nur Substanzverluste aufgrund der Realisierung eines Bonitätsrisikos, sondern auch Substanzverluste aufgrund eines realisierten Währungskursrisikos steuerlich abzugsfähig gestalten könne. Unter diesem Blickwinkel bestehe kein Unterschied zu einer (nicht fremdüblichen) Übernahme des Bonitätsrisikos, die ohne Zweifel von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG zu erfassen sei.

Auch die grundsätzliche Symmetrie bei der Nichtberücksichtigung von Gewinnen und Verlusten in § 8b Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 KStG, die bei Währungskursgewinnen und -verlusten nicht gegeben sei, stehe dem bisherigen Befund nicht entgegen. Denn durch § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG solle gerade gewährleistet werden, dass die Symmetrie des § 8b Abs. 2 – Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen – und Abs. 3 Satz 3 KStG – Abzugsverbot von Verlusten – erhalten bleibe und nicht durch Darlehen oder darlehensähnliche Forderungen umgangen werde, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien.

Schließlich könne aus dem Unionsrecht in einem solchen Drittstaatenfall keine Begründung abgeleitet werden, welche die Abzugsfähigkeit von Währungskursverlusten rechtfertigen würde. Die für Zwecke des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG vorausgesetzte Beteiligungsquote von 25 % reiche aus, um in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) zu gelangen, sodass die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) – die gegenüber der Drittstaatengesellschaft als Grundfreiheit anwendbar gewesen wäre – als Prüfungsmaßstab verdrängt werde.

Mit teilweise inhaltsgleichem Urteil vom 24.04.2024 hatte der BFH zu einem Währungskursverlust aus Gesellschafterdarlehen im EU-Binnenmarkt (Schweden) zu entscheiden. Da der BFH das Urteil an das Finanzgericht zur Nachholung der Prüfung der Anwendung der „Escape"-Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG (in der bis einschließlich VZ 2021 geltenden Fassung) zurückverweisen musste, blieb die Frage der Unionsrechtskonformität insoweit noch unbeantwortet.

Gleichwohl ließ der BFH erkennen, dass im EU-Binnenmarkt grundsätzlich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zu prüfen sei, wobei es für die unionsrechtliche Verhältnismäßigkeit insbesondere darauf ankomme, ob und bejahendenfalls welche wirtschaftlichen Gründe dafür bestünden, anstelle eines in Euro gewährten Darlehens ein (nicht fremdübliches) Fremdwährungsdarlehen auszureichen.

Ab dem VZ 2022 gelten Währungskursverluste aus Gesellschafterdarlehen und darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen gemäß neu eingefügtem § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG ausdrücklich nicht mehr als Gewinnminderungen i.S.d. § 8b Abs. 3 Satz 4 und 5 KStG.

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